Die Gesamtüberbauung Himmelrich in der Stadt Luzern möchte eine Durchmischung von Generationen und sozialen Schichten erreichen. Die Stiftung Contenti wird ein wichtiger Bestandteil dieses Quartiers sein, denn Menschen mit Behinderung sollen wohnen, wo andere leben. ParCom Systems unterstützt die Stiftung mit einem namhaften Beitrag.
Um die neue Infrastruktur in der Überbauung Himmelrich zu finanzieren, sammelt die Stiftung Contenti 3.5 Millionen durch Spenden. ParCom Systems unterstützt dieses Vorhaben und beteiligt sich am Teilprojekt für einen grossen Lift in der Überbauung. Bruno Ruegge, der Geschäftsleiter der Stiftung Contenti, im Interview.
Herr Ruegge, weshalb ist ein grosser Lift für die Bewohnenden sehr wichtig?
Ein Lift ist auf den ersten Blick ein Transportmittel zwischen den Stockwerken. Zugleich ist er aber auch ein wichtiger Ort für spontane Begegnungen in der Nachbarschaft. Ähnlich wie beim «Speed-Dating» hat man einige Sekunden Zeit für einen kurzen Schwatz, um das Gegenüber kennenzulernen und soziale Kontakte zu pflegen. Ausserdem kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, dass im Lift die Hemmschwelle kleiner ist, den Menschen mit Behinderung offen zu begegnen. Leider hat in einem gewöhnlichen Lift neben dem Elektrorollstuhl keine weitere Person mehr Platz. Deshalb möchten wir 30'000 Schweizer Franken in einen grossräumigen Lift investieren. So können die Bewohnenden der Stiftung Contenti auch mit anderen Nachbarn Lift fahren. Durch die Integration in den stinknormalen Alltag gewinnen sie an Lebensqualität.
Am Donnerstag, 9. November 2017 fiel der Startschuss für die Crowdfunding-Aktion für die Finanzierung des grossen Liftes. Machen Sie das zum ersten Mal?
Ja, es ist ein Experiment. Mit dem Crowdfunding möchten wir mehr Personen erreichen und ihnen von unserem tollen Vorhaben berichten. Dabei geht es aber nicht nur um die Spendengelder, sondern vielmehr um die Botschaft, die wir mit dem Auftritt und dem Werbevideo kommunizieren: Begegnungen mit Menschen machen das Leben lebenswert – auch für Menschen mit Behinderung. Mit der Crowdfunding-Aktion wollen wir Menschen dazu ermuntern, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Die Stiftung Contenti zieht voraussichtlich 2019 in die Überbauung Himmelrich ein. Ist die Vorfreude bei den Bewohnenden gross?
Viele Bewohnerinnen und Bewohner finden es aufregend, dass sie bald auch einen eigenen Arbeitsweg haben. Sie freuen sich enorm auf diesen Wechsel und schmieden bereits Pläne, wie ihr zukünftiges Zuhause aussehen wird. Denn mit der aktuellen Infrastruktur an der Schützenstrasse 8 stossen die Bewohnenden und die Pflegefachleute an ihre Grenzen. Trotzdem sind auch hier viele Freundschaften entstanden und wir werden mit einem weinenden und mit einem lachenden Auge umziehen.
Welchen Mehrwert bieten Ihnen die neuen Räumlichkeiten im Himmelrich?
Der primäre Vorteil ist die Individualität der Bewohnenden. Neu werden die Räumlichkeiten mit 24m2 doppelt so gross sein und von Grund auf optimiert für Elektrorollstühle. Ausserdem werden alle Bewohnenden eine eigene sanitäre Einrichtung haben, denn in einer Schicksalsgemeinschaft leben Menschen mit Behinderung aus Notwendigkeit zusammen und manchen ist es unangenehm, das Badezimmer mit anderen zu teilen.
Weiter können wir im Himmelrich auch die Gemeinschaft besser fördern. Zum einen haben wir einen grossen Gemeinschaftsraum, indem wir beispielsweise zusammen brunchen oder einen Geburtstag feiern können. Zum anderen ist in dieser Siedlung Vicino Luzern aktiv. Diese Institution fördert Berührungspunkte in der Nachbarschaft. Sie fördert die nachbarschaftliche Unterstützung von älteren Menschen, die Hilfe im Alltag benötigen. In dieses Programm können wir auch die Bewohnenden der Stiftung Contenti integrieren, indem sie den älteren Menschen Gesellschaft leisten oder sogar kleine Alltagsaufgaben übernehmen.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Sind Sie zuversichtlich, dass Menschen mit Behinderung mit ähnlichen Projekten immer mehr in die Gesellschaft integriert werden?
Das ist natürlich die Vision der Stiftung Contenti und seit 2014 ein Grundrecht von Menschen mit Behinderung (UNO BRK). Jedoch gibt es aus meiner eigener Sicht zwei klare Tendenzen in unserem modernen Arbeitsmarkt. Durch den steigenden Leistungsdruck in der Gesellschaft werden Menschen auch mit kleineren Handicaps immer schneller aus der Arbeitswelt gestossen. Diese Entwicklung bereitet mir grosse Sorgen. Jedoch besteht auch Hoffnung. Das allgemeine Gesellschaftsbild und die Aufklärung über Menschen mit Behinderung wird von vielen Institutionen gefördert und zeigt meiner Meinung nach Wirkung. Deshalb geben auch wir als Stiftung alles, um unsere Vision Realität werden zu lassen.
Bruno Ruegge, vielen Dank für das Gespräch.